Dadurch, dass einige Damen während
des vergangenen einschlägigen Treffens zum ersten Mal Bondage
ausprobiert haben, kam in den letzten Tagen die Sprache immer wieder
darauf.
Für viele ist es eine recht große
Überwindung, sich fesseln zu lassen. Groß ist der Respekt vor den
Seilen, der Hilflosigkeit, dem Gefühl des Sich-Auslieferns und auch
vor möglichen Schmerzen. Verständlich ist das schon. Man begibt
sich schließlich meist in die Hände eines ziemlich unbekannten
Menschen, des Riggers, der die Seile anlegt. Man muss der positiven
Reputation, die dieser Rigger hat, vertrauen. Man muss spontan ihm,
seiner Einschätzung und seiner Erfahrung vertrauen. Im Idealfall,
oder je nach Wunsch, ist vielleicht eine Assistentin anwesend, sodass
man nicht ganz alleine ist. Aber auch diese kennt man in Zweifelsfall
nur vom Hörensagen. Zu guter Letzt muss man auch sich selbst
vertrauen. Bei kleinsten Anzeichen von Durchblutungsstörungen
(Kribbeln in den Gliedmaßen, Taubheitsgefühl, kalte Gliedmaßen),
Unwohlsein, Schweißausbrüchen, Schmerzen oder einfach nur einem
unguten Gefühl muss man sich trauen, den Mund aufzumachen und diese
Empfindungen mitteilen.
Ein erfahrener Rigger weiß, was er
tut, und kann bis zu einem bestimmten Punkt auch relativ gut
einschätzen, was er der Begünstigten zumuten kann – aber eben
auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Dieser ergibt sich aus
Erfahrungswerten, anatomischen (Grund-)Kenntnissen, vorherigen
Absprachen und Empathie. Auch der eventuell anwesende Assistent kann
nur immer wieder nachfragen, beobachten, Situation und Person
einschätzen. Danach ist der Rigger auf die Mitarbeit der
Begünstigten angewiesen. Es nützt niemand etwas, vermeintlich stark
zu sein, die Situation aushalten und nicht abbrechen zu wollen. Ein
Abbruch ist nicht schön und auch unbefriedigend, aber immer noch
besser, als taube Gliedmaßen für mehrere Tage oder Wochen oder
daraus resultierende Nervenschädigungen. Seile lassen sich ersetzen,
Bondages lassen sich wiederholen, aber Körperteile, die vielleicht
sogar dauerhaft geschädigt sind, sind nicht zu ersetzen. Ebenso darf
man keine Scham davor haben, dass Seile eventuell zerschnitten werden
müssen. Seile sind des Riggers Arbeitsmaterial und somit jederzeit
ersetzbar. Und mal unter uns: Sollte ein Rigger danach wirklich
beleidigt oder gar wütend reagieren, ist er es nicht wert, ein
Rigger zu sein und das Vertrauen anderer Menschen zu genießen.
Ist die anfängliche Scheu
überwunden, und die Begünstigte liegt gefesselt und verschnürt am
Boden (oder wo auch immer), folgt oft großes Erstaunen. So habe ich
es zumindest in den letzten Tagen von vielen Seiten gehört und auch
selbst (vor nunmehr gut eineinhalb Jahren) erfahren dürfen. Das
Erstaunen gilt dem meditativen Part der Bondage. Es wirkt
entspannend, man kann sich fallenlassen, sich ausruhen, seinen
Gedanken nachhängen. Man muss nichts tun, da man das ja eh gerade
nicht kann. Man ist so, wie man ist. Muss keine Erwartungen erfüllen,
sondern kann einfach nur sein. Bei mir ist es regelmäßig so, dass
ich in der Fesselung einschlafe oder zumindest wegdöse, wenn man
mich denn lässt. Noch stärker ist diese Wirkung bei mir in einer
Mumienverpackung. Dieser entspannende Aspekt ist wohl der, mit dem
die mutigen Bondage-Neulinge am wenigsten rechnen. Auch einer der
schönsten. Denn wer geht nicht gerne mit einem guten Gefühl und
geistig entspannt aus der Verschnürung und freut sich auf die
nächste?
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